Schreiben aus Notwehr, Schreiben aus Anschauung, Schreiben als Gebet, Gesang, Traum und Klarsicht So war es, ist es noch, fühlt es sich immer wieder an Die veröffentlichten Gedichtbände liegen weit zurück Jetzt lagern viele Gedichte aus den letzten Jahren auf Papier, digital, verwaist, neu beäugt, auf Halde, in der Warteschlange
Wenn ich mich traue, werden sie sichtbar wie diese hier
Artemis Honig an Leib und Seele zum Frühlingsfest Balsam auf der Winter-Haut Zungen recken lecken in Gier Mäuler zerreißen die Scham Feuerräder rasen zu Tal Bienen-Königin zur Mondin wird Sternenschar und Honig am nackten Himmel verteilt Frauen bereiten das Safran-Bett ihre Häute bebildern die Nacht tropfen Wachs in ihre Scham
Dietlind Henß, Festplatte Leben,Verlag Die Blaue Eule, Essen 2000, 238 Seiten, 20 €, auch erhältlich bei der Autorin
Lichtes Sehen Wie das Licht mit der Tür ins Haus fällt auf den Monitor sich ergießt in Grisaille zu leben anhebt dein Gesicht darüber huscht weit verschobene Nähe sich auftischt trotz der scharfen Schatten der Dinge oder gerade deshalb die Hebel ansetzt den Teppich hochklappt zum Fliegen geneigt eine verwegene Reihe von Modulen erdet Leitbahnen in Schwingung sagst du dir Fotosynthese Hyazinthenschub was Wintersonne so anrichtet Hund und Hirn sind auf Duftmarkenspur Wie zwischen den Doppelscheiben wo der Film eines gefangenen Schleims reift wo die Kälte das nackte Elend draußen ausgesperrt sagst du dir den Vogelzugnerv gereizt eine Fuge klopft Gedichtzeilen eine spärliche Reihung ersinnen aus "Festplatte Leben"
Dietlind Henß, Mein schönes Haar Erde, J.G. Bläschke-Verlag, St. Michael, 1984, 140 Seiten, mit einigen Zeichnungen von Delia Henss, nur noch erthältlich bei der Autorin zu 15 €
Delphinus delphis Im Reich der auf- gehenden Sonne unerhörtes Geschehen lange nach Plinius der anderes berichtete von Delphinen ihren Beziehungen zu Mensch und Meer vom Massensterben dieser Tiere ihrer selbst gewählten Art der Verendung von ihrem Suizid an einem Tag wie dem heutigen von den Fischern ihrem Einsatz vergeblichen am Ende Das Meer nimmt nicht alles zurück Es entlässt seine Kinder so oder so Delphin und Fischer Auge in Auge Entsetzen und Stummsein und noch kein Ende davon abzusehen aus: "Mein schönes Haar Erde"
Dietlind Henß, Rebellenrot im Reiherzug, J. G. Bläschke Verlag, St. Michael, 1981, nur noch erhältlich bei der Autorin zu 10 €
Gärten Wunderbares Verweilen war mir gegönnt unter dem bebend-bunten Gaukeln der Falter, wo im Windspiel des Hartlaubs unübehörbar das Heben und Senken der fruchtigen Schwere dunklere und dichtere Webteppiche wirkt, wo das gleichmütige Klangbild der Grillen das Farbgelächter des Sommergartens bindet, und das Blauen und Raunen der Fernen zu Klang und Farbe anderer Gärten ruft.